Eine Darbietung der Extraklasse
Olpe „Weihnachtsoratorium“ forderte Musikern wie Sängern alles ab / Frenetischer Applaus
Kammerchor Olpe, „Camerata Instrumentale“ Siegen und Solisten brillierten unter der Gesamtleitung von Dietmar Schneider.
-z- ■ Wenn der Kammerchor Olpe zum Konzert einlädt, dann kann man in der Regel davon ausgehen, dass die Gäste zahlreich sind. Denn allein schon der Name Dietmar Schneider als Chorleiter und Chef am Pult gilt als Qualitätsgarant. Da ist es eigentlich egal, ob es sich bei den Aufführungen um Passionen handelt, um Liedvorträge oder wie jüngst um die Aufführung von Bachs „Weihnachtsoratorium“ (BWV 248) in der St.-Martinus-Kirche in Olpe.
Nichts dürfte zum dritten Adventssonntag (Gaudete), der in der liturgischen Farbe Rosa daherkommt, passender sein, als dieses Bach’sche Highlight der ruhigen, geschlossenen Zeit der Ankunftserwartung, aber bereits mit dem Ausblick auf Weihnachten. Denn das Rosa des Messgewandes setzt sich ja aus dem Violett der drei anderen Adventssonntage und dem Weiß vom Hochfest der Geburt Jesu zusammen. Und somit erzeugt das aufgehellte Rosa die gleiche Freude wie der chorale Einstieg in die Kantate 1 des Bach-Werks „Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage...!“
Schneider hatte in harten Proben die Sänger und Sängerinnen des Kammerchors Olpe auf das mit Spannung erwartete Konzert gedrillt. Da lässt der pensionierte Gymnasiallehrer für Musik am Olper St.-Franziskus-Gymnasium nichts aus oder durchgehen. Der studierte Schul- und Kirchenmusiker (Orgel) sowie Musikwissenschaftler ist für seine Akkuratesse bekannt.
Johann Sebastian Bachs (1685 – 1750) „Weihnachtsoratorium“ gilt eigentlich nicht als ein Stück im klassischen Oratoriumsstil. Vielmehr ist es eine Reihenfolge an Kantaten, die jeweils an verschiedenen Tagen rund um Weihnachten mit Kapiteln der Weihnachtsgeschichte der Evangelisten Lukas und Matthäus musikalisch zu dem großen Ereignis der Menschheitsgeschichte Stellung nehmen. Den geringsten Teil des Christfestes selber berührt die Kantate I des ersten Weihnachtsfeiertages. In Olpe selber standen am Sonntagnachmittag die Kantaten I, IV, V und VI auf dem Programm.
Durch die Geschichte wird mit sogenannten Rezitativen (dabei hat der Solist die Freiheit, den Text des Sprechgesangs rhythmisch zu deklamieren) geführt. Hier sind vor allem der Tenor-Solist Jörg Nitschke, aber auch der Bass-Solist Sebastian Klein, die in Form des sogenannten Secco-Rezitativs, bei dem sie in großer rhythmischer Freiheit lediglich mit dem Basso-(Orgel)-Continuo von Thomas Grütz begleitet wurden, zu nennen.
Aber auch Arien sind immer wieder in die Kantaten eingebaut. Neben den Männersolisten der Bass- und Tenorlagen waren es die Sopranistin Sigrun Haaser und die Altistin Christine Wehler, die sowohl im Solo als auch im Duo (mit Echo von der Orgelbühne) oder im Terzett mit einer Männerstimme zu überzeugen wussten.
Mit dem Orchester „Camerata Instrumentale“ aus Siegen hatte Dietmar Schneider einen guten Griff getan. Die Männer und Frauen aus dem Nachbarkreis sind in der Martinuskirche nicht unbekannt und überzeugen jedes Mal aufs Neue mit ihrer großen Klasse.
Während Verkündigung und Geburt Jesu Christi mit Pauken und Trompeten und viel choralem Fortissimo angekündigt wurden, kamen ab der Kantate IV zum Fest der „Beschneidung des Herrn“ weiche Instrumente ins Orchester. Die diskanten Trompeten wurden von sanften Hörnern abgelöst. Das Rezitativ mit Chor „Immanuel, o süßes Wort“ nannte erstmals das Wort I(E)mmanuel (Erlöser).
Die Kantate V (am Sonntag nach Neujahr) hatte es für den Chor im wahrsten Sinne des Wortes in sich. „Ehre sei dir, Gott, gesungen, dir sei Lob und Dank bereit’“ gilt vor allem für Soprane als höchste Schwierigkeitsstufe. Hier müssen Höhen gemeistert werden, die von den Sängerinnen alles, aber wirklich alles abverlangen. Auch rhythmisch sind Schwierigkeiten zu meistern, die nicht „ohne“ sind. Wäre ein Applaus auf offener Szene möglich gewesen, an dieser Stelle hätten es alle verdient gehabt.
Wie aufmerksam die Solisten bei der Sache waren, zeigte die Stelle des Rezitativs, an der der Evangelist das Erschrecken des König Herodes aufgrund der Geburt Christi schildert: „Als das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm das ganze Jerusalem.“ Tenor Jörg Nitschke setzte das „Erschrecken“ mit einem dreifachen Fortissimo um, so dass der Schrecken in der Kirche regelrecht allen schaurig in die Glieder fuhr.
Bei der Kantate VI gab Schneider am Pult alles. Mit deutlicher Körpersprache holte er aus Chor und Orchester regelrecht „alles heraus“. Auch Sigrun Haaser überzeugte mit ihren ausgesungenen Koloraturen bei der Arie „Nur ein Wink mit seinen Händen stürzt ohnmächt’ger Menschen Macht. Hier wird alle Kraft verlacht!“
Und als der Chor den Choral „Ich stehe an deiner Krippen hier“ anstimmte, da gingen in der vollbesetzten Martinuskirche die Herzen der Zuhörer auf. Da war eigentlich schon Weihnachten. Großes Bravo! Großes Brava! Frenetischer Applaus. Dankbare Gesichter im Publikum. Zufriedenheit und ein wenig Stolz bei den Aktiven.