Großartige Aufführung erlebt
Grauns Oratorium „Der Tod Jesu" stellt hohe Anforderungen
Olpe. Sich an musikalische Werke zu wagen, die zu Unrecht in Vergessen- heit geraten sind oder nur sehr selten aufgeführt werden, ist seit jeher ein besonderes Anliegen des Olper Kammerchores. Und so widmete sich der Chor in der gut besuchten St.-Martinus-Kirche in Olpe dem Passionsoratorium ,,Der Tod Jesu" von Carl Heinrich Graun (1704- 1759), dem Kapellmeister am Hofe Friedrich II. in Berlin Die Zuhörer erlebten eine groß- artige Aufführung. Was das Werk von den gängigen Passionsmusiken unterscheidet, ist zum einen das Feh- len einer fortlaufenden Handlung, zum anderen eine neue, „empfindsa- me“ Tonsprache. Anspielungen an das historische Geschehen sind le- | diglich in einigen Rezitativen zu fin- den. Sie geben den Raum frei für eine persönliche Auseinandersetzung mit dem Geschehen auf Golgatha in Form von ausdrucksvollen Arien. In den Chören orientiert sich Graun deutlich an seinen „konservative- ren“ Zeitgenossen. So hat der Chor mehrere große Fugen zu bewältigen. Der Kammerchor Olpe mit seinen erstaunlich vielen jugendlichen Stimmen (Vokalkurse des St. Fran- ziskus-Gymnasiums) erwies sich bei der Aufführung als stets gut artikulie- render und homogener Klangkörper mit einer großen dynamischen Bandbreite vom äußersten Pianissi- mo bis zum zupackenden Fortissimo. Antje Bischof (Sopran) bewältigte die zahlreichen Koloraturen und | Spitzentöne trotz leichter erkäl- tungsbedingter Indisposition mit großer Leichtigkeit. Das galt glei- chermaßen für den kraftvollen Bass- bariton Thomas Herberich und den lyrischen Tenor Ulrich Cordes. Dem fast eineinhalbstündigen Werk innere Spannung zu verleihen und bis zum letzten Ton durchzuhal- ten, ist vor allem Aufgabe des Diri- genten. Dietmar Schneider hatte sei- ne Sängerinnen und Sänger nicht nur exzellent vorbereitet, sondern sorgte für eine unsentimentale, den- noch tiefe und ,,die Seele berühren- de" Darbietung des Werks. Die vor- züglich agierende „Camerata instru- mentale“, Siegen, mit Thomas Grütz an der Chororgel war dabei eine zu- verlässige Stütze. W. Schneider |